„Ich möchte ehrenamtliches Engagement fördern.“
5.000 Menschen im gesamten Yorkquartier, davon allein 2.000 im Teilquartier Gartenwohnen: Für dieses außergewöhnlich große Bauprojekt hat die Wohn + Stadtbau erstmalig einen Quartiersmanager eingestellt, der sich um die Anliegen und Bedürfnisse der Bewohner:innen kümmert. Seit Januar 2022 übernimmt Vinzenz Heidrich diese Aufgabe.
Herr Heidrich, was ist ein Quartiersmanager?
Das lässt sich so pauschal gar nicht beantworten. Bei der Wohn + Stadtbau gab es so etwas bisher nicht – und ich war es vorher auch nicht. Es gibt auch zig Quartiersentwickler mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen. Der Quartiersentwickler am Bahnhof hat komplett andere Aufgaben als ich. Aber im Grunde haben wir eins gemeinsam: Wir machen Vernetzungsarbeit. Ein Quartiersmanager ist Ansprechpartner vor Ort, verbindet Menschen und vernetzt Akteure. Mein Job ist es also, Small Talk zu machen – ein klassisches Beispiel für soziale Arbeit. Man braucht aber viel Erfahrung, die ich als Familientherapeut und Sozialpädagoge habe.
Sie mussten den Job also selbst definieren?
Ich habe mich zuerst mit vielen Menschen ausgetauscht: mit Claudia Carl von der KonvOY, Heike Schwalm vom Kulturamt, Julia Gründing von Münster Marketing und mit Herrn Leuschner von der Lebenshilfe. Dann habe ich Befragungen innerhalb der Wohn + Stadtbau gemacht. Ich habe die Bauabteilung, die Hausbewirtschaftung, die IT und das Rechnungswesen gefragt: Was erwartet ihr? Was sind eure Vorstellungen? Und dann habe ich ein Konzept geschrieben. Die genauen Ziele meiner Arbeit können nicht von mir kommen, höchstens die Prinzipien. Davon habe ich mir drei gegeben: Vor Ort sein, Menschen verbinden und Akteure vernetzen.
Wie kamen Sie zu der Stelle?
Es ist interessant, dass es überhaupt zu der Stelle gekommen ist: Quartiersmanagement ist in der Regel eine befristete Projektarbeit. Das ist eigentlich zum Scheitern verurteilt: Sobald eine etablierte Struktur funktioniert, zieht sich das Team zurück, und alles schläft langsam ein. Das wird hier nicht passieren. Die etablierte Kultur im Gartenwohnen wird durch mich oder zukünftig meinen Nachfolger aufrechterhalten. An der unbefristeten Stelle sieht man: Die Wohnungswirtschaft erkennt den Wert von sozialem Investment. Es reicht nicht, soziale Begegnungsfläche zur Verfügung zu stellen. Man muss rausgehen und mit den Leuten reden. Mein Job ist es also, Small Talk zu machen – ein klassisches Beispiel für soziale Arbeit. Man braucht aber viel Erfahrung, die ich als Familientherapeut und Sozialpädagoge habe.
Wieso braucht das Teilquartier Gartenwohnen einen Quartiersmanager?
Der große Unterschied zu bestehenden Quartieren ist, dass es dort bereits eine bestehende Kultur gibt. Hier hat bis jetzt niemand gewohnt und ich möchte helfen, etwas aufzubauen. Die Kultur werden die neuen Bewohner:innen selbst etablieren. Eine Kultur entsteht bei gemeinsamen Veranstaltungen. Diesen Prozess werde ich unterstützen.
Bei der Menge an Menschen wird es auch immer Mieterkonflikte geben, die sorgsam begleitet werden müssen. Auch deswegen hat die Wohn + Stadtbau die Stelle unbefristet ausgeschrieben. Aktuell haben die meisten Probleme mit dem Thema Einzug zu tun. Da gibt es kleinere Schwierigkeiten mit Strom, und durch die ganzen Umzüge entsteht natürlich viel Abfall.
Was sind Projekte, die Sie vorhaben?
Ich möchte ehrenamtliches Engagement fördern. Dazu braucht es räumliche Flächen, die Begegnung ermöglichen. Die gibt es hier noch nicht, da das Quartier nicht wie andere langsam über Jahrhunderte und Jahrzehnte gewachsen ist. Wir gestalten unseren Raum selbst. Ein Beispiel für einen dieser Begegnungsorte ist unser Urban-Gardening-Projekt. Dort darf jeder mitmachen: im Quartier, in Gremmendorf, aber auch ganz Münster. Das Projekt soll zur Vernetzung der Menschen beitragen, hat aber natürlich auch einen ökologischen Wert. Es hilft aber nicht, diese Flächen zur Verfügung zu stellen. Deswegen organisiere ich Veranstaltungen. Außerdem ist ein Treffen des Heimrates geplant, der sich in Eigenverwaltung um die Belange der Studierenden kümmert. Das ist nämlich die Gruppe, die sich von selbst kaum bei mir mit Problemen meldet.
Wie geht es weiter?
Auch das ist ein Punkt, den nicht ich allein bestimme. Es gibt bereits aus der Mieterschaft heraus eigene Angebote, wie einen Entspannungsabend. Ich bin großer Fan von Schaukästen. Dieses Prinzip möchten ich ins 21. Jahrhundert übertragen und auf unserer Webseite einen Art Veranstaltungskalender zu Verfügung stellen, dessen Inhalt sich aus den Ideen der Menschen ergibt. Auf unserem Quartiersfest am 21. April werden sich sicher einige Ideen ergeben.
Was auch eine Veränderung sein wird, ist mein Umzug: Ich mache nur Zwischenstation hier im Wohngebäude. Sobald es fertig ist, ziehe ich ins Gemeinschaftshaus. Dort sitzt dann auch die Lebenshilfe, die ähnliche Arbeit wie ich macht, allerdings mit Fokus auf Menschen mit Behinderung. Herr Knuth, der Hausmeister, ist dann ebenfalls immer vor Ort. Die Gebäude sind einwandfrei gebaut. Trotzdem gibt es hier immer unglaublich viel zu tun.