
Von Fledermäusen und Mauerseglern
Die hundert Jahre alten Gebäude im York-Quartier sind nicht nur urbane Minen, die Ressourcen wie Backstein für Neubauten liefern. Sie bieten auch Lebensräume für zahlreiche, teilweise gefährdete Tierarten. Bei Fledermäusen besonders beliebt: der Dachraum der ehemaligen Panzerhallen. Trotz Baumaßnahmen sollen sie auch zukünftig durch umfangreiche Ausgleichsmaßnahmen Teil der Bewohnerschaft des Quartiers bleiben.
Wenn man nicht weiß, wonach man sucht, bemerkt man sie überhaupt nicht. Aber wenn man genau hinsieht, erkennt man an vielen Fassaden kleine Kästen. „Das sind Quartiere für Zwergfledermäuse“, erklärt Evelyn Falk von NRW.URBAN. Sie koordiniert die ökologischen Maßnahmen während der Konversion des Geländes von der Militärkaserne zum Wohnquartier. „Ein ökologischer Gutachter hat vor dem Rückbau der Gebäude festgelegt, dass zum Ausgleich des Lebensraums eine bestimmte Anzahl von Fledermausquartieren aufgehängt werden muss“, berichtet Falk. „Diese Zahlen basieren auf Schätzungen, wie viele Tiere dort ein- und ausfliegen.“


Fledermauswohnungen im Dachgeschoss
Quartiere an den Außenwänden sind problemlos umzusetzen. Das Problem: Die stark gefährdete Breitflügelfledermaus kann diese Art von Kästen nicht anfliegen. Für die Panzerhallen werden also aufwendigere Ausgleichsmaßnahmen benötigt: Im Dachgeschoss der beiden Hallen, die erhalten werden, sind zwei sogenannte Dachraumquartiere geplant. Zehn Meter breit und zwei Meter hoch ist ein solches Großraumquartier, das mit Spanplatten wie ein kleines Zimmer vom restlichen Raum abgetrennt wird. „Die Fledermauszimmer werden dann noch eingerichtet: Viele kleine Kästen bieten gute Überwinterungsquartiere“, erklärt Evelyn Falk den Innenausbau. Angeflogen werden die Quartiere über Anflugschleusen, die ins Dach integriert werden.
Behutsamer Tapetenwechsel
Damit der Umzug reibungslos funktioniert, muss für den Gebäudeabriss der ideale Zeitpunkt gewählt werden. „Der Rückbau größerer Gebäudekomplexe ist im Sommerhalbjahr häufig aufgrund von Brutvögeln nicht möglich“, berichtet Evelyn Falk. „Im übrigen Jahr sind es dann Winterquartiere von Fledermäusen, die den Abbruch verhindern.“ Eine ökologische Baubegleitung bietet Unterstützung dabei und stellt die Einhaltung der artenschutzrechtlichen Vorschriften sicher. Evelyn Falk erklärt, dass es dabei um jedes Individuum geht: „Im unteren Dachbereich sitzen Fledermäuse am liebsten. In den Herbstmonaten wurden also händisch Ziegel abgenommen, um zu kontrollieren, ob sich dort gerade Tiere für den Winter einrichten.“


Nistmöglichkeiten schaffen
Fledermäuse sind nicht die einzigen Tiere, die alte Gemäuer mögen. Auch Mauersegler bewohnen gerne Hohlräume in Dachstühlen. Auch für sie hängen im Quartier verstreut Kästen. Nisthilfen für Vögel und Fledermäuse sind bei den Neubauten im Quartier von Anfang an eingeplant – zum Beispiel an der Sporthalle der Grundschule. „Fledermäuse zählen zu den streng geschützten Arten in Nordrhein-Westfalen“, schildert Biologe Frank Wierzchowski, der 2016 die faunistische Erfassung der Brutvögel und Fledermäuse im York-Quartier durchgeführt hat. „Mit jedem renovierten Dachboden, mit jeder Entsorgung von Totholz gehen wertvolle Lebensräume verloren.“ Theoretisch können Nisthilfen an jedem beliebigen Ort Lebensräume schaffen, nicht nur mit im klassischen Vögelhäuschen am Baum im Garten. Wie wär’s mal mit einem Fledermausquartier an Ihrer Hausfassade? Laut Wierzchowski sollte man dabei aber auf zwei Dinge achten: „Die Fledermäuse brauchen eine freie Einflugbahn und die Kästen sollten mindestens vier bis fünf Meter hoch hängen!“